Nachhaltige Synthese von Biomolekülen und Arzneimitteln
Chemiker/-innen der FAU entwickeln Verfahren, das externe Katalysatoren überflüssig macht
Die Herstellung von bioaktiven Molekülen und Arzneimitteln könnte künftig ohne externe Enzym- oder Metallkatalysatoren auskommen. Chemiker/-innen der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) entwickelten ein Verfahren, bei dem ein in situ gebildeter Organoautokatalysator die chemische Synthese bioaktiver zyklischer Aminverbindungen mit hoher Effizienz unter milden Bedingungen ermöglicht. Die Forschenden haben ihre Ergebnisse im renommierten Wissenschaftsmagazin „Angewandte Chemie“ veröffentlicht.*
Die Synthese zyklischer Amine – ringförmiger Moleküle, die auf Stickstoff- und Kohlenstoffatomen basieren – gewinnt in der Medizin und Biochemie zunehmend an Bedeutung. Von besonderem Interesse ist Dihydropyridin, ein sechsgliedriger Ring mit fünf Kohlenstoffatomen und einem Stickstoffatom. Dihydropyridin-Verbindungen werden beispielsweise als Blutdrucksenker eingesetzt, sind aufgrund ihrer einstellbaren Fluoreszenz aber auch als photoelektronische Materialien im Gespräch. „An das Stickstoffatom kann eine Vielzahl verschiedener Moleküleinheiten gebunden werden. Diese Variation der Substituenten ermöglicht eine gezielte Modulation der biologischen Eigenschaften von Dihydropyridinen“, erklärt Prof. Dr. Svetlana Tsogoeva, Arbeitsgruppenleiterin am Department Chemie und Pharmazie der FAU.
Bisherige Synthese aufwendig, teuer und oft toxisch
Transaminierungsreaktionen, also die gezielte Variation des Substituents am Stickstoff in zyklischen und azyklischen Aminen, stellen eine große Herausforderung für die synthetische Chemie dar. „Momentan werden komplexe Enzymkatalysatoren oder teure und oft toxische Metalle dafür benötigt, außerdem laufen die Reaktionen zumeist unter extremen Reaktionsbedingungen ab“, sagt Svetlana Tsogoeva. Damit wird die Synthese nicht nur aufwendig und kostenintensiv, es entstehen auch toxische Abfälle, was insbesondere bei der Herstellung von Medikamenten problematisch ist.

Die Tsogoeva-Gruppe schlägt nun ein Verfahren vor, das auf den Einsatz externer Katalysatoren vollständig verzichtet und dennoch hocheffizient ist. Die Forschenden nutzen Pyrrolidiniumsalz als organischen Autokatalysator, ein Ammoniumsalz, das während des Syntheseprozesses gebildet wird und die Reaktion beschleunigt. Das beeindruckende Ergebnis: Die autokatalytische Reaktion läuft in einem einzigen dominoartigen Prozess bei Raumtemperatur ab und liefert eine Ausbeute von bis zu 95 Prozent. Tsogoeva: „Dieses Verfahren geht über die Nachahmung der Natur hinaus und eröffnet neue Möglichkeiten in der Chemie der Kohlenstoff-Stickstoff-Bindungen.“
Wichtiger Schritt zu grüner Chemie
Das neue organoautokatalytische System begründet eine effiziente, nachhaltige Strategie für den einfachen Zugang zu komplexen stickstoffhaltigen bioaktiven Molekülen und Arzneimittelverbindungen. Die Studie trägt nicht nur zum grundlegenden Verständnis der Substitution verschiedenster Molekülgruppen in Kohlenstoff-Stickstoff-Verbindungen bei. Sie eröffnet auch faszinierende Möglichkeiten für die Entwicklung grüner Synthesemethoden der nächsten Generation ohne den Einsatz von Enzymen, Metallen oder aggressiven Reagenzien.
* doi: 10.1002/anie.202505275
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Svetlana Tsogoeva
Kontakt
- E-Mail: svetlana.tsogoeva@fau.de